Spirulina und Histamin: Verträglich oder nicht?

Spirulina ist eine nährstoffreiche Mikroalge, die für ihre zahlreichen gesundheitlichen Vorteile bekannt ist. Doch wie verträglich ist sie für Menschen mit Histaminintoleranz? Histamin spielt eine zentrale Rolle im Immunsystem, beeinflusst die Verdauung und kann in hohen Mengen Beschwerden auslösen. Dieser Artikel beleuchtet, ob Spirulina histaminarm ist, welche Nährstoffe sie für den Histaminabbau liefert und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung auf Allergien und Entzündungen vorliegen.

Notizblock mit dem Wort „Histamin“ in roter Schrift, daneben ein Stethoskop, eine Brille und ein Kugelschreiber – Symbol für medizinische Forschung und Allergien.
Histamin und seine Wirkung: Wichtige Informationen für Allergiker und Menschen mit Histaminintoleranz.

Kurz und knapp

  • Spirulina selbst enthält kein Histamin und kann aufgrund ihrer Nährstoffe wie Vitamin B6, Kupfer, Magnesium und Zink den Histaminabbau unterstützen – allerdings nur in begrenztem Umfang.
  • Die Mikroalge enthält zahlreiche Nährstoffe, darunter Proteine, Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien, die das Immunsystem stärken, Entzündungen hemmen und entgiftend wirken können.
  • Studien zeigen, dass Spirulina die Histaminfreisetzung reduzieren und allergische Symptome, insbesondere bei Heuschnupfen und Asthma, lindern kann.
  • Bestimmte Spirulina-Peptide können entzündliche Reaktionen in Blutgefäßen hemmen und möglicherweise das Risiko für Atherosklerose senken.
  • Spirulina-Extrakte könnten die Produktion von Histamin in Fischprodukten verringern und somit die Lebensmittelqualität verbessern.

Was ist Spirulina?

Spirulina ist eine blaugrüne Mikroalge, die zu den Cyanobakterien gehört. Sie wächst in alkalischen Salzseen und wurde bereits von den Azteken als Nahrungsquelle genutzt. Heute wird sie in tropischen und subtropischen Regionen wie Mexiko, China, Indien und Afrika kultiviert.

Spirulina-Pulver und Spirulina-Tabletten in Schalen auf dunklem Holzuntergrund – natürliche Quelle für Nährstoffe.
Spirulina-Pulver und Spirulina-Tabletten.

Spirulina ist eine der nährstoffreichsten natürlichen Quellen und enthält:

  • Proteine: Bis zu 60 % des Trockengewichts, mit allen essenziellen Aminosäuren
  • Vitamine: Vor allem B-Vitamine (B1, B2, B3, B6, B12*), Beta-Carotin (Provitamin A)
  • Mineralstoffe: Eisen, Magnesium, Kalzium, Zink, Kalium
  • Antioxidantien: Phycocyanin (entzündungshemmend), Chlorophyll (entgiftend)
  • Essenzielle Fettsäuren: Gamma-Linolensäure (GLA)

(*Hinweis: Die Bioverfügbarkeit des enthaltenen B12 ist umstritten.)

Spirulina ist als Pulver, Tabletten oder Kapseln erhältlich und kann in:

  • Smoothies
  • Säfte
  • Wasser oder Speisen

gemischt werden. Aufgrund des intensiven Geschmacks bevorzugen viele Menschen die Tablettenform.

Unter anderem folgende Wirkungen auf die Gesundheit werden Spirulina zugeschrieben:

  • Unterstützt das Immunsystem (antioxidative und entzündungshemmende Wirkung)
  • Kann den Energiestoffwechsel fördern (hoher Proteingehalt, Eisen)
  • Unterstützt die Darmgesundheit (präbiotische Wirkung)
  • Kann entgiftend wirken (bindet Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber)

Was ist Histamin?

Histamin ist ein biogenes Amin, das im Körper eine wichtige Rolle als Botenstoff spielt. Es wird aus der Aminosäure Histidin gebildet und ist in verschiedenen Geweben gespeichert, vor allem in Mastzellen und basophilen Granulozyten (Zellen des Immunsystems). Histamin wird bei bestimmten Reizen freigesetzt und erfüllt dann unterschiedliche Funktionen:

  • Immunsystem & Allergien
    • Histamin wird bei allergischen Reaktionen freigesetzt
    • Verursacht typische Symptome wie Juckreiz, Rötungen, Schwellungen
    • Spielt eine Rolle bei Entzündungsprozessen
  • Verdauung & Magensäureproduktion
    • Stimuliert die Produktion von Magensäure
    • Unterstützt die Verdauung von Proteinen
  • Nervensystem & Neurotransmitter-Funktion
    • Beteiligt an der Regulation von Schlaf und Wachheit
    • Wirkt als Botenstoff im Gehirn
    • Beeinflusst Appetit, Stimmung und Schmerzempfinden
  • Blutdruck & Kreislauf
    • Kann die Blutgefäße erweitern und den Blutdruck senken
    • Führt bei übermäßiger Freisetzung zu Kopfschmerzen und Schwindel
Illustration einer Mastzelle, die Histamin während einer allergischen Reaktion freisetzt.
Mastzelle bei der Freisetzung von Histamin während einer allergischen Reaktion – eine computergenerierte Illustration. Mastzellen sind eine Art weißer Blutzellen und enthalten chemische Mediatoren wie Histamin, Serotonin und Heparin.

Histamin kommt auch in vielen Lebensmitteln vor, insbesondere in:

  • Gereiften oder fermentierten Produkten (Käse, Sauerkraut, Wein)
  • Fisch & Meeresfrüchten (besonders, wenn nicht frisch)
  • Wurstwaren & gepökeltem Fleisch
  • Alkoholischen Getränken (Bier, Rotwein)

Einige Lebensmittel wie Zitrusfrüchte oder Tomaten enthalten zwar kein Histamin, können aber die Histaminfreisetzung im Körper fördern.

Histamin wird im Körper durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abgebaut. Wenn dieser Abbau gestört ist oder zu viel Histamin aufgenommen wird, kann es zu einer Histaminintoleranz kommen.

Spirulina und seine Cofaktoren für den Histamin-Abbau

Histamin wird im Körper durch das Enzym Diaminoxidase abgebaut. Verschiedene Nährstoffe können die DAO-Aktivität unterstützen und somit den Histaminabbau fördern. Spirulina enthält einige dieser wichtigen Cofaktoren:

  • Vitamin B6 (Pyridoxin)
    • Essenziell für die DAO-Synthese
    • Trägt zum Abbau von Histamin bei
    • Spirulina enthält moderate Mengen an Vitamin B6
  • Kupfer
    • Notwendig für die DAO-Funktion
    • Trägt zur Stabilisierung des Enzyms bei
    • Spirulina ist eine natürliche Kupferquelle
  • Magnesium
    • Reguliert die Histaminfreisetzung aus Mastzellen
    • Mangel kann zu erhöhten Histaminspiegeln führen
    • Spirulina enthält signifikante Mengen an Magnesium
  • Zink
    • Trägt zur Stabilisierung von Mastzellen bei
    • Reduziert die Freisetzung von Histamin
    • Spirulina liefert Zink in bioverfügbarer Form
  • Antioxidantien (Phycocyanin & Chlorophyll)
    • Bekämpfen oxidativen Stress, der DAO hemmen kann
    • Können entzündliche Prozesse reduzieren
    • Phycocyanin hat potenzielle entzündungshemmende Wirkungen auf den Histaminstoffwechsel

Spirulina enthält zwar wichtige Cofaktoren für den Histaminabbau wie Vitamin B6, Kupfer, Magnesium und Zink, jedoch in vergleichsweise geringen Mengen. Die enthaltenen Nährstoffkonzentrationen reichen nicht aus, um den täglichen Bedarf allein durch Spirulina zu decken. Daher kann Spirulina eine ergänzende Quelle sein, sollte aber nicht als Hauptlieferant für diese Nährstoffe betrachtet werden.

Nährstoff In Spirulina enthalten (pro 6g) Empfohlene Tagesdosis
Vitamin B6 19,44 µg
  • Männer: 1,6 mg
  • Frauen: 1,4 mg
Kupfer 0,36 mg
  • 1,0 bis 1,5 mg für Jugendliche und Erwachsene
Magnesium 11,7 mg
  • 300–400 mg für Erwachsene
  • Männer: 350–400 mg
  • Frauen: 300–310 mg
  • Schwangere und Stillende haben einen leicht erhöhten Bedarf
Zink 0,6 mg
  • Männer: 11–16 mg
  • Frauen: 7–10 mg
  • Während Schwangerschaft und Stillzeit steigt der Bedarf auf 9–14 mg
Gehalt ausgewählter Nährstoffe in Spirulina im Vergleich zur empfohlenen Tagesdosis. Gehalt kann schwanken je nach Produkt.

Wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung von Spirulina

Spirulina als mögliche Behandlung für Allergien und Asthma

In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass Spirulina antiallergische Wirkungen besitzt, indem es die Histaminfreisetzung reduziert. Dies könnte insbesondere für Patienten mit allergischer Rhinitis oder Asthma von Vorteil sein

Allergische Rhinitis

Allergische Rhinitis (AR), umgangssprachlich als Heuschnupfen bekannt, betrifft weltweit viele Menschen und beeinträchtigt deren Lebensqualität erheblich. Standardbehandlungen wie Antihistaminika und Kortikosteroide lindern zwar die Symptome, können aber langfristig Nebenwirkungen haben. Daher gewinnen natürliche Alternativen zunehmend an Bedeutung.

Mädchen mit Heuschnupfen niest auf einer blühenden Wiese, umgeben von Pollen – Zusammenhang zwischen Histamin, Spirulina und Allergien.
Heuschnupfen-Saison: Ein Mädchen leidet unter einer Pollenallergie und niest inmitten einer Wiese voller blühender Pusteblumen. Histaminintoleranz und bestimmte Nahrungsmittel wie Spirulina können möglicherweise allergische Reaktionen beeinflussen.

Diese randomisierte klinische Studie verglich die Wirkung von Spirulina mit Cetirizin bei 53 Patienten mit allergischer Rhinitis über zwei Monate 1.

  • Dosierung
    • Spirulina-Gruppe: 2 g täglich
    • Cetirizin-Gruppe: 10 mg täglich
  • Beobachtete Faktoren: Symptome (z. B. verstopfte Nase, Niesen, Geruchsverlust) und Entzündungswerte im Blut

Spirulina war effektiver als Cetirizin bei der Linderung von Nasenfluss, verstopfter Nase und Geruchsverlust. Die Lebensqualität hat sich verbessert: Besserer Schlaf, gesteigerte Arbeitsleistung und soziale Aktivität. Nach der Behandlung sanken die Werte entzündlicher Botenstoffe, während gleichzeitig der entzündungshemmende Botenstoff IL-10 anstieg.

Einschränkungen: Kleine Patientengruppe, relativ hohe tägliche Spirulina-Dosierung, Langzeiteffekte und mögliche Nebenwirkungen noch unzureichend erforscht.

Auch diese Tierstudie an Ratten zeigt, dass Spirulina platensis allergische Rhinitis lindern kann 2. Die Behandlung reduzierte Symptome, Entzündungen, Mastzellaktivität sowie Histamin- und IgE-Werte signifikant. Dies deutet auf eine mögliche antiallergische Wirkung hin. Da die Studie nur an Tieren durchgeführt wurde, sind weitere Untersuchungen am Menschen erforderlich.

Asthma

Eine klinische Studie mit 39 Kindern (7–14 Jahre) untersuchte die Wirkung von Spirulina (1.000–2.000 mg täglich) auf Asthma 3. Nach drei Monaten zeigte die Spirulina-Gruppe eine signifikante Verbesserung der Asthmakontrolle und Lungenfunktion (FEV1, FVC, PEFR), die über den Behandlungszeitraum hinaus anhielt. Die Placebo-Gruppe erzielte keine vergleichbaren Ergebnisse. Hier erfahren Sie, ob Spirulina für Kinder geeignet ist.

Spirulina-Peptide könnten Entzündungen in Blutgefäßen hemmen und Atherosklerose vorbeugen

Diese Studie zeigt, dass zwei aus der Mikroalge Spirulina maxima gewonnene Peptide (P1 und P2) entzündliche Reaktionen in Blutgefäßen reduzieren können 4. Diese Entzündungen, ausgelöst durch Histamin, spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Atherosklerose – einer Erkrankung, die zu verengten und verhärteten Arterien führt. Die Peptide P1 und P2 verringern die Produktion entzündungsfördernder Moleküle und verhindern die Anhaftung von Immunzellen an die Gefäßwände. Dadurch könnten sie helfen, frühe Stadien der Atherosklerose zu verhindern.

  • P1 und P2 reduzierten die Produktion entzündlicher Botenstoffe, die zur Atherosklerose beitragen.
  • Die Peptide hemmten die Bildung von Adhäsionsmolekülen, die das Anheften von Immunzellen an die Gefäßwand fördern.
  • Die Menge an schädlichen Sauerstoffradikalen in den Zellen nahm ab.
  • Die Wirkung der Peptide beruht darauf, dass sie einen wichtigen Entzündungsweg unterdrücken.

Einschränkungen: Die Studie wurde ausschließlich an Zellkulturen durchgeführt. Ob die Peptide im menschlichen Körper die gleiche Wirkung zeigen, muss erst in weiteren Studien (z. B. Tierversuche oder klinische Studien) geprüft werden. Es ist nicht bekannt, wie viel Spirulina oder isolierte Peptide nötig wären, um diesen Effekt im Körper zu erzielen. Die Studie untersucht gezielt die Histamin-vermittelte Entzündung, doch Atherosklerose hat viele Ursachen, die ebenfalls betrachtet werden müssten.

Spirulina reduziert die Bildung von Histamin in Fisch

Diese Studie untersuchte, ob Extrakte der Mikroalge Spirulina platensis das Wachstum der Bakterien Morganella morganii hemmen können 5. Diese Bakterien sind dafür bekannt, in Fischprodukten Histamin zu bilden – eine Substanz, die in hohen Mengen gesundheitsschädlich sein kann.

Besonders wirksam war ein mit Diethylether gewonnener Spirulina-Extrakt. Schon bei geringen Konzentrationen (1000 ppm) konnte das Bakterienwachstum gehemmt werden. Bei einer Konzentration von 500-1000 ppm wurde die Histaminbildung in einer künstlichen Nährlösung um etwa 50 % reduziert. In Makrelenfilets führte die höchste getestete Konzentration (2000 ppm) zu einer Reduktion des Histamingehalts um mehr als 60 %.

Einschränkungen: Die Studie wurde im Labor durchgeführt, nicht jedoch unter realen Bedingungen in der Lebensmittelindustrie. Die Wirkung auf andere Bakterienarten, die ebenfalls Histamin bilden können, wurde nicht untersucht. Eine praktische Anwendung in der Fischverarbeitung müsste weiter geprüft werden, insbesondere ob der Geschmack oder die Qualität des Fisches durch den Algenextrakt beeinflusst wird.

Quellenverzeichnis

  1. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7416373/
  2. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15871200/
  3. https://www.jacionline.org/article/S0091-6749(17)32559-9/fulltext
  4. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23856417/
  5. https://ajfs.journals.ekb.eg/article_20237_81eade3c6068e71bc4e0b4ce92a4cf9f.pdf
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